Heeresmuna Wolkramshausen (Schächte Ludwigshall und Immenrode)

Heeresmunitionsanstalt Wolkramshausen

Bereits im Sommer 1935 zeigte die Wehrmacht Interesse an der stillgelegten Schachtanlage Ludwigshall bei Wolkramshausen, südlich von Nordhausen gelegen, um sie vergleichbar der Musteranlage im nahegelegenen Bernterode als unterirdisches Munitionsdepot zu nutzen. Erste Besichtigungen der oberirdischen Gebäude fanden am 26. August 1935 und 12. September 1935 statt. Dabei zeigten sich am Schachtdeckel keine Mängel. Um die Schächte Ludwigshall und Immenrode auf ihre Wiederverwendbarkeit prüfen zu können, mussten diese zunächst zur Inaugenscheinnahme der vorhandenen Grubenbaue wieder fahrbar gemacht werden.

Anfang März 1938 stand zur Diskussion, die Mundlöcher der Schächte aufzudecken und die eigebauten festen Bühnen bei ca. 160 m Teufe im Schacht Ludwigshall und bei 300 m Teufe im Schacht Immenrode, soweit erforderlich, zu beseitigen. Gleichzeitig sollten die Rasenhängebank bis zum untersten Füllort, die Schachtauskleidung sowie die Einstriche, die Spurlatten und der Fahrschacht untersucht bzw. etwa gefundene Mängel beseitigt werden. In einem weiteren Schritt sollte die Untersuchung anstehen, in welchem Zustand sich der Verbindungsquerschlag zwischen beiden Schächten befindet. Wegen der Ausführung dieser Arbeiten stand die Wintershall AG mit der Deutschen Schachtbau AG aus Nordhausen in Verhandlung, die am 21. März 1936 einen Kostenvoranschlag vorlegte.

Am 26. März 1936 leitete die Wintershall-Zweigniederlassung Glückauf-Sondershausen den Kostenvoranschlag der Schachtbau AG an die Konzernleitung in Kassel weiter. Die voraussichtlich aufzuwendenden Kosten für die Befahrbarmachung der Schächte und Erkundung, in welchem Zustand sich die Strecken und Hohlräume unter Tage befinden, bezifferte die Wintershall-Niederlassung mit etwa 13.000,00 RM. Die Montagekosten für Kessel und Fördermaschine waren darin bereits enthalten. Wintershall ging davon aus, dass die Arbeiten vier Wochen nach Auftragserteilung an die Schachtbau AG soweit gediehen sind, dass die Grubenbaue betreten werden können. Am 28. Mai 1936 reichte die Wintershall AG beim Bergamt Eisleben einen Betriebsplan für die provisorische Wiederinbetriebnahme des Schachtes Ludwigshall und am 4. Juni 1936 beim Thüringischen Bergamt in Weimar einen Betriebsplan für die Öffnung des Schachtes Immenrode zwecks Wiederherstellung der zur Befahrung des Schachtes erforderlichen Wetterführung ein. Beide Bergbehörden erhoben Einspruch, erlaubten aber den Beginn der vorbereitenden Arbeiten. Zur abschließenden Erörterung kamen am 18. Juni 1938 alle Beteiligten vor Ort zusammen und besichtigten die Tagesanlagen von Ludwigshall und Immenrode. Die Vertreter der unteren Bergbehörde sahen sich außer Stande, eine endgültige Entscheidung zur Wiederinbetriebnahme der Schachtanlage zu treffen und verwiesen auf die Genehmigung durch ihre vorgesetzten Dienststellen, dem Oberbergamt in Halle und dem Thüringischen Wirtschaftsminister in Weimar. Am Ende der Sitzung wies die Wintershall AG nochmals auf die besondere Dringlichkeit der Arbeiten im Interesse der Heeresverwaltung hin.

Am 15. Juli 1936 genehmigte das Thüringische Bergamt in Weimar den Betriebsplan und Ende des Monats begannen die Instandsetzungsarbeiten. Zeitgleich war der Leiter der Heeresmunitionsanstalt Obergebra beauftragt, Ludwigshall zu befahren. Er kam zu der Einschätzung, dass der Schacht als Munitionsdepot unbrauchbar sei. Nur wenige Tage später, am 30. Juli 1936, fand eine Besprechung zwischen Vertretern der Wintershall AG als Eigentümerin der Anlage, des Reichskriegsministeriums, der Wehrkreisverwaltung IX und der Heeres-Feldzeugmeisterei statt. Im Fokus der Gespräche stand die generelle Frage, ob das Werk zur Einlagerung von Munition überhaupt geeignet ist und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, „um die einzulagernden unscharfen Teile unterzubringen und eine Munitionsfertigungsstelle zu schaffen“. Entgegen der zuvor vom Leiter der Muna Obergebra geäußerten Bedenken kamen die Planer zum Ergebnis, insgesamt 5.000 t Munition unter Tage einlagern zu können.

Dabei gingen sie auf der 613-m-Sohle von 12 Räumen mit einem Fassungsvolumen von 200 t pro Kammer, auf der 636-m-Sohle und 660-m-Sohle von jeweils weiteren 12 bzw. 14 Räumen mit einer Aufnahmekapazität von je 100 t aus. Die Räume auf der 660-m-Sohle waren erst noch einzurichten. Dies war für das Gesamtprojekt von wesentlicher Bedeutung, da die Sohle in Verbindung zum Zweitschacht Immenrode stand. Weiter bestimmte die Kommission, die Übertrageanlage mit rund 11.000 qm für Lagerzwecke herzurichten. Für die noch fehlenden 9.000 qm war der Bau von zwei Lagerhäusern in der Südwestecke des Schachtgeländes vorgesehen. Als Munitionsfertigungsgebiet bestimmte der Ausschuss ein der Kirche gehörendes Areal am Steinweg Wernrode in Richtung Kleinfurra. Nach den Erfahrungen beim Aufbau anderer Munas lehnte die Wintershall AG die Ausführung der anstehenden bergmännischen Arbeiten ab. Der Konzern erklärte sich lediglich bereit, die Vergabe der Arbeiten und „die fachmännische Beratung des Heeresbauamtes während der Bautätigkeit“ zu übernehmen. Das Heer bot der Wintershall AG für die Bauüberwachung eine Entschädigung von 3,25 % auf die Bausumme an, zog dies aber im Oktober 1936 wieder in Zweifel.

Am 1. August 1936 überließ die Wintershall AG dem Reichswehrfiskus das „gesamte eingefriedete Gelände des Werksplatzes der Schachtanlage Ludwigshall und der ehemaligen Chemische Fabriken Wolkramshausen, den Schacht Ludwigshall und die auf dem Werksplatz befindlichen Gebäude“ unentgeltlich zur Nutzung. Das Heer begab sich daran, die untertätigen Grubenbaue so schnell wie möglich, zumindest in Teilbereichen, für die Lagerung von Munition herzurichten. Schenkt man einem Schreiben des Thüringischen Wirtschaftsministeriums vom 9. März 1937 Glauben, so waren zu diesem Zeitpunkt schon Sprengstoffe im Schacht Ludwigshall eingelagert. Dies korrespondiert mit einer Aufstellung des Heeres vom 25. Dezember 1938 über den Bestand an Munition für den Mobil-, sprich den Kriegsfall. Diese detaillierten Listen belegen, in welchem Umfang das Heer entgegen der Versailler Bestimmungen im Verborgenen Munition in großen Mengen horten ließ.

So war die Muna Wolkramshausen bereits zu diesem frühen Zeitpunkt in der Lage, innerhalb von zwölf Stunden mindestens drei bis vier komplett beladene Munitionszüge zu stellen. Aus Geheimhaltungsgründen vergab das Heer Decknummern für jeden Transport; für Wolkramshausen waren dies die Nr. 107, 108, 120 und 361. Im Bedarfsfall sollte vorwiegend Munition für das 15-cm-schwere Infanteriegeschütz 33, den schweren Granatwerfer 34 (8 cm), die Panzerabwehrkanone 3,7-cm-PaK 36 und den leichten Granatwerfer 36 (5 cm) geliefert werden.

Am 10. Februar 1937 vergab das OKH die bergmännischen Arbeiten in den Bauen der 660-, 636-, 619- und 606-m-Sohle. Außerdem schrieb das Heer die Aufräum- und Instandsetzungsarbeiten des Schachtsumpfes sowie die Errichtung der vollständigen Schachtförderung im Schacht Ludwigshall aus. Allein die Kosten für diese Bauphase beliefen sich auf 422.724 RM. Anfang Dezember 1939 standen die Arbeiten kurz vorm Abschluss. Zu diesem Zeitpunkt waren die Räume auf 613-m-Sohle komplett und die auf der 636-m-Sohle bis auf Kleinigkeiten hergerichtet. Das Doppelgleis vom Füllort bis zu den Arbeitsräumen befand sich ebenfalls in Betrieb. Lediglich die Arbeiten auf der 660-m-Sohle waren noch unvollendet und lediglich 66 m Doppelgleis verlegt. Außerdem musste die Sohle in der Weststrecke nachgerissen werden. Die Bauleitung hoffte, die Arbeiten Mitte März beenden und der Muna im April 1940 zur Nutzung übergeben zu können. Nach dem Folgebericht vom 21. Dezember 1939 gingen die Vortriebsarbeiten auf der 660-m-Sohle zügig voran.

Bis Januar 1940 investierte das Heer 10 Mio. RM in den Ausbau seiner Muna in Wolkramshausen. Allerdings war der Bedarf an Munitionslagerraum damit noch immer nicht gestillt. Trotz der hohen Investitionen kam beim Heer der Wunsch auf, nunmehr auch den benachbarten Schacht Immenrode in Beschlag zu nehmen und für militärische Zwecke auszubauen. Am 20. Februar 1939 nahmen Bergrat Loock vom RWM, Bergrat Menking und Oberbergrat Schulze vom zuständigen Bergamt den Schacht Immenrode, insbesondere die Auslaugungen am Schachtfüllort der oberen Sohle, in Augenschein. Danach kam der weitere Ausbau zunächst ins Stocken. Erst im März 1941 erhielt das Programm mit dem Zusammenschluss von Gebhardt & König, Nordhausen, und der Gesellschaft für Bergwerksunternehmungen, Essen, zu einer Gemeinschaft für die Arbeiten der Heeresverwaltung auf Schacht Immenrode neue Impulse. In Gegenwart von Vertretern des Heeresbauamtes und beider Firmen fand am 18. März 1941 eine Besprechung über Art und Umfang der auszuführenden Arbeiten statt. Bei dieser Zusammenkunft verständigten sich die Beteiligten darauf, dass der Ausbau des Schachtes und des Füllortes auf der 823-m-Sohle fortzuführen ist und zusätzlich die 788-m-Sohle mit in das Programm aufgenommen werden solle. Weiter war vorgesehen, mit den Versatzarbeiten am Westrand des Abbaufeldes auf der 810-m-Sohle zu beginnen und das Hauptsprenglager auf der 823-m-Sohle im alten Sprengmittellager einzurichten.

Um weitere Details der militärischen Nutzbarmachung der Schachtanlage Immenrode zu besprechen, stand am 20. März 1941 erneut ein Ortstermin an. Am 19. April 1941 genehmigte die zuständige Wehrkreisverwaltung IX den Vertrag mit der Arbeitsgemeinschaft, allerdings kamen die Arbeiten weiterhin nur schleppend voran, möglicherweise Folge des bestehenden Arbeitskräfte- und Materialmangels. Am 20. Januar 1944 unterrichtete Gebhardt & König das Arbeitsamt Nordhausen darüber, dass „zwecks dringender Einlagerung von Heeresgut im Grubenfeld des Schachtes Immenrode eine Anzahl von Räumen unter Tage beschleunigt“ hergerichtet werden müssen. Um diese Arbeiten ausführen zu können, reiche die vorhandene Belegschaft nicht aus. Gebhardt & König bat um die beschleunigte Zuweisung von weiteren 20 Kriegsgefangenen oder Zivilausländern, die in vorhandenen Räumen auf der Schachtanlage Immenrode Unterkunft finden sollten. Vermutlich ließen sich die sehr umfangreichen Pläne bis Kriegsende, wenn überhaupt, nur noch ansatzweise realisieren.

Im Spätherbst 1939, nach zweijähriger Bauzeit, nahm die HMA Wolkramshausen das zugehörige Fertigungsgebiet, an der Straße von Kleinfurra nach Wernrode gelegen, in Betrieb. Um aus der Luft nicht den Eindruck einer Munitionsfabrik zu erwecken, waren die Gebäude aus Tarnungsgründen als Dorf angelegt. Um diesen Eindruck zu verstärken, war das Wirtschaftsgebäude mit einem Turm versehen, der einen Kirchturm nachbilden sollte. Bei Betreten des Geländes mussten die Arbeitskräfte zunächst das Pförtnergebäude passieren und sich im benachbarten Sozialgebäude umkleiden. Danach ging es an die jeweiligen Arbeitsplätze in den drei Munitionsarbeitsräumen, der Zünderabteilung oder dem Pulverarbeitsraum. Dort wurden Geschosse schussbereit gemacht, von Fremdfirmen angelieferte Munitionsteile zusammengesetzt, Pulverarbeiten ausgeführt und Treib- sowie Zusatzladungen hergestellt. Am 20. August 1940 kam es beim Einsetzen eines Zünders in eine Granate zu einer Explosion, bei der eine Arbeiterin einen Schädelbruch erlitt. Wenige Stunden später erlag sie im Nordhäuser Krankenhaus ihren schweren Verletzungen.

Im Fertigungsgebiet waren vorwiegend deutsche Frauen aus der näheren Umgebung und bis zu 1.000 ausländische Arbeitskräfte, die in drei Barackenlagern der näheren Umgebung untergebracht waren, tätig. Eines dieser Fremdarbeiterlager befand sich direkt an der Landstraße von Wolkramshausen nach Kleinfurra. Das aus fünf Unterkunftsbaracken und einem Speisesaal bestehende Lager diente zunächst dem Reichsarbeitsdienst, deren Insassen bei der Regulierung der Wipper und möglicherweise auch beim Bau der Heeresmunitionsanstalt eingesetzt waren. Belegt ist, dass die Heeresmunitionsanstalt ab 1943 ihre in der Munitionsproduktion beschäftigten ausländischen Zwangsarbeiter in dem zwischenzeitlich mit Stacheldraht umzäunten ehemaligen RAD-Lager unterbrachte. Über die Lebensbedingungen der dort untergebrachten Zwangsarbeiter ist bis nur wenig bekannt. Wenige Tage vor Kriegsende wies der Bürgermeister von Kleinfurra den ortsansässigen Bäckermeister Heinrich Mönnich an, zur Vermeidung von Plünderungen die ausländischen Arbeitskräfte im Lager mit Brot und anderen Lebensmitteln zu versorgen. In der Zeit vom 1. bis 11. April 1945 lieferte er Back- und „Kolonialwaren“ im Wert von 1.943,13 RM aus.

Im nahegelegenen Wernrode unterhielt die Heeresmuna ein weiteres Zwangsarbeiterlager, das mit Franzosen und Belgiern sowie russischen Kriegsgefangenen belegt war. Die Russen waren in einem mit Stacheldraht umzäunten und abgegrenzten Bereich des Lagers mit vier Unterkunfts-, einer Wasch- und einer Küchenbaracke untergebracht. Die Muna-Arbeiter führten sie unter strengster Bewachung zur Arbeit auf das Gelände des Fertigungsgebietes und wieder zurück. Zwangsarbeiter anderer Nationalität hingegen konnten das Lager jederzeit verlassen und arbeiteten teils im Dorf, um sich so Extrarationen an Lebensmitteln zu verdienen. Ab Herbst 1944 waren im Lager Wernrode auch Zwangsarbeiterinnen interniert, die Sträflingsbekleidung und primitive Holzschuhe trugen. Unter strengster Bewachung und in Begleitung von Hunden wurden sie täglich in zwei Kolonnen vom Lager zum Fertigungsgebiet gebracht. Weitere französische Zwangsarbeiter bewohnten Baracken direkt auf dem Gelände des Fertigungsgebietes. Ab März 1943 beschäftigte die Heeresmunitionsanstalt zusätzlich bis zu hundert deutsche weibliche Justizhäftlinge, die im Nordhäuser Gerichtsgefängnis untergebracht waren und aus verschiedenen Haftanstalten in der Provinz Sachsen stammten. Die Häftlinge dieser „Klipperkolonne“ ließ die Muna täglich mit ihren Aufseherinnen auf Lastwagen nach Wolkramshausen zur Arbeit bringen. Dies führte in der Bevölkerung zu der Mutmaßung, dass es sich bei den Frauen um KZ-Häftlinge des Lagers Dora bzw. des später gegründeten Außenkommandos Boelcke-Kaserne gehandelt habe. Eine Aufstellung der sich im Mai 1945 im Kreisgebiet von Nordhausen noch aufhaltenden ehemaligen Zwangsarbeiter weist für das Lager Kleinfurra 400 und für das Lager Wernrode 450 Insassen aus.

Am 29. Juli 1942 ereignete sich im Schacht Ludwigshall beim Einlagern von Munition ein schwerer Unfall. Um 13.15 Uhr detonierten im Munitionslagerraum 68 auf der 660-m-Sohle weit über 5.000 Granaten, gefüllt mit etwa 8,4 Tonnen Sprengstoff. Bis zum 2. August um 3.00 Uhr erschütterten Folgedetonationen das Gelände. Am Unglückstag arbeiteten 211 Personen unter Tage. 145 Personen, darunter 47 Frauen, kamen ums Leben. Die hohe Zahl der Opfer ist darauf zurückzuführen, dass die Wettertüren zwischen der Schachtröhre und dem Unglücksraum „in Atome zertrümmert wurden“. Die giftigen Gase zogen somit nicht, wie vorgesehen, zum ausziehenden Schacht Immenrode ab, sondern stauten sich im Schacht Ludwigshall. Die Rettungsarbeiten wurden dadurch erschwert, dass sich der Förderkorb des Schachtes Ludwigshall durch die Wucht der Explosion in der Schachtröhre verkantete und nicht genutzt werden konnte. Ein Rettungsversuch vom 1,5 km entfernten Schacht Immenrode blieb wegen der geringen Einsatzreichweite der vorhandenen Atemgeräte ohne Erfolg. Etwa eine Stunde nach der Explosion konnte durch zwei Ventilatoren die normale Wetterführung der Schächte wieder hergestellt werden; der eine stand in Immenrode und saugte die Rauchgase ab, der andere in Ludwigshall und drückte Frischluft in den Schacht. So konnten die Rettungsmannschaften die Fahrten des Schachtes Ludwigshall nutzen, um die Überlebenden zu bergen.

Im Bericht an das OKH vom 15. August 1942 heißt es über das Ausmaß der Katastrophe: „Der Schachtfüllort bot ein Bild fürchterlicher Zerstörung, desgleichen auch die Förderstrecke auf der 660-m-Sohle. Von Schienen war teilweise überhaupt nichts mehr zu sehen. Ein Förderwagen war z. B. mit einer derartigen Wucht an den Stoß geworfen, dass er reliefartig an ihn angeklebt war“. Bis auf den Unglücksraum blieben jedoch alle anderen Munitionslagerräume intakt. So auch der direkte Nachbarraum 67, der mit Kartuschen für leichte Feldhaubitzen belegt war. Bei einer späteren Besichtigung dieses Raumes zeigte sich, dass die erste Detonationswelle zahlreiche Munitionsstapel umgerissen hatte. Dabei wurden mehrere Packgefäße zertrümmert und die herausgefallenen Kartuschen verbeult. Einige von ihnen wiesen sogar erhebliche Brandspuren auf. Die Kommission, die den Vorfall im Auftrag des OKH untersuchte, fand keine Anhaltspunkte „für Leichtsinn, Sabotage oder Feindeinwirkung“. Als Ursache vermutete man einen defekten Zünder. Unbenommen des Unglücks ging der Betrieb der Heeresmunitionsanstalt weiter. Gegen Kriegsende lagerten in den Schächten von Wolkramshausen auch Kunstgegenstände ein. Bei ihrem Einmarsch fanden die Amerikaner Folianten der Bibliothek des ehemaligen Klosters Himmelgarten bei Nordhausen mit wertvollen Wiegendrucken aus dem 15. und 16. Jahrhundert vor.

Im Spätherbst 1945 ordnete die sowjetische Militäradministration die Bergung der noch im Schacht verbliebenen Munitionsbestände an. Deutsche Hilfskräfte transportierten sie mit Pferd und Wagen zu einem Sprengplatz nach Wernrode, um sie dort zu „entsorgen“. Ein Teil wurde auch einfach in Mulden in der Umgebung der Muna abgekippt, etwa im Leimtal bei Wolkramshausen oder in der Großfürscher Kiesgrube. Am 24. Oktober 1945 ereignete sich dabei direkt am Schacht eine Explosion, die schwere Verwüstungen in den umliegenden Ortschaften anrichtete. Ein Polizeibericht vom 25. Oktober 1945 schildert den Hergang des Unglücks: „Vom Bahnhof Kleinfurra zur ehemaligen Heeresmunitionsanstalt verläuft ein Anschlussgleis, auf dem von der sowjetrussischen Besatzungsmacht laufend Munition zur Heeresmunitionsanstalt gebracht wird, um dort entschärft und gesprengt zu werden. Auf der Mitte dieser Strecke ist im freien Gelände neben […] Hülsenmaterial auch Munition abgeladen worden, sowie Pulver in Kartons. Dort spielende Kinder haben sich an diesen Pulverkartons zu schaffen gemacht und das Pulver verstreut. […] Am 24. Oktober 1945 soll kurz nach 15 Uhr ein sowjetrussischer Offizier mit einer brennenden Zigarette in die Nähe des verstreuten Pulvers gekommen sein, so dass das Pulver Feuer fing und langsam abbrannte. […] Ein vorüberfahrender Munitionszug passierte die Stelle, und der Lokführer sah das Pulver brennen. Der Zug konnte noch rechtzeitig vorbeifahren; kurze Zeit später erfolgte eine Explosion“.

Die nach dem Zweiten Weltkrieg weitestgehend unversehrt gebliebenen ostdeutschen Kaliwerke wurden 1946 als Sowjetische Aktiengesellschaft (SAG) Kali in Staatseigentum überführt und deren früheren Eigentümer enteignet. Davon betroffen waren auch die Kaliwerke in der Südharzregion. Da die Grubenbaue von Ludwigshall und Immenrode weit entfernt von den betriebenen Werken lagen, zeigte die SAG kein Interesse am Erhalt der Schachtanlagen. Anfang November 1949 teilte sie der Bergbauinspektion in Erfurt mit, dass an einen Abbau in der nächsten Zukunft nicht zu denken sei, da dies die Niederbringung einer neuen Schachtanlage notwendig machen würde. Wegen der Nähe zum westlichen Grubenfeld des volkseigenen Kaliwerkes Glückauf-Sondershausen und der Möglichkeit der Erschließung des Grubenfeldes Wolkramshausen von dort aus und der Option der Nutzung als Wetterschacht hielt die SAG aber die Lagerstätte für zu wertvoll und aussichtsreich, um diese sich zukünftig selbst zu überlassen. So habe bereits die kurze Zeit der seinerzeitigen Stilllegung zu Auswaschungen und Zerstörungen von ganz beträchtlichem Ausmaße geführt, so dass die Anlagen von Ludwigshall und Immenrode nicht unbeaufsichtigt ihrem Schicksal überlassen werden könnten.

Dennoch wurden erst 1954 erste Sicherungsmaßnahmen ergriffen und in 165 m Teufe ein Dichtungselement eingebaut, um so das Eindringen von Süßwasser nach Untertage oder das Auspressen von Salzlauge nach Übertage zu verhindern. 1970 wurde der Schacht mit einer Abdeckplatte verschlossen. Ab 1978 sollte das kleine und mit keinem anderen Bergwerk verbundene Grubenfeld zum Druckgasspeicher „Kirchheiligen II“ umgebaut werden. Dazu wurden der Süßwasserpfropfen und alle Schachteinbauten entfernt. 1980 wurde das Projekt gestoppt und der Schacht erneut mit einem Dichtungselement verschlossen. Wegen der fortschreitenden technologischen Entwicklung entsprach die gewählte Verwahrungsvariante nicht mehr den aktuellen Anforderungen. 2011 erhielt die „Arbeitsgemeinschaft Schacht Ludwigshall“, eine Kooperation aus Schachtbau Nordhausen und Bergsicherung Ilfeld, vom Thüringischen Landesbergamt in Vertretung des Freistaates Thüringen den Auftrag zur endgültigen Verwahrung des Schachtes Ludwigshall. Vorab ließ das Land Thüringen den Schacht nochmals öffnen und das Grubengebäude, darunter auch die von der Explosion betroffene Kammer 68, befahren und zu wissenschaftlichen Zwecken fotografisch dokumentieren. Im Oktober 2012 begann die Verfüllung der Schachtröhre. Die Arbeiten waren 2013 mit dem Setzen des Betondeckels mit einer darin eingelassenen Schachttafel, auf der die Koordinaten, die Teufe, der Durchmesser und die Betriebszeit des Schachtes dauerhaft fixiert sind, abgeschlossen. Auch der Schacht Immenrode wurde im Jahr 2011 durch Schachtbau Nordhausen verfüllt.

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